Pressemitteilung, München, 7. September 2021
Am Morgen des 7. Septembers seilten sich über der A94 zwei Aktivist*innen an einer Autobahnbrücke auf Höhe Angelbrechting seitlich der Fahrspuren ab. Sie spannten an der Brücke ein Transparent mit der Aufschrift: „Scheuer und Co auf der falschen Spur – ÖPNV statt Autobahnausbau.“ Ziel der politischen Aktion ist es, gegen den weiteren Ausbau von Autobahnen und die Untätigkeit der Verkehrspolitik angesichts der Klimakrise zu protestieren, sowie eine echte Verkehrswende zu fordern.
Anlass des Protestes ist der Start der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in München, bei der große Automobilkonzerne ihre Neuerungen vor einem großen Publikum vorstellen. Der Fokus der IAA liegt in diesem Jahr auf der „Mobilität der Zukunft“, womit die Veranstalter*innen und Aussteller*innen vor allem die Elektrifizierung des Privatautos meinen. Dazu gehören auch SUVs und Luxussportwagen.
Der Protest richtet sich gegen E-Mobilität als vermeintlichen Lösungsansatz des Marktes, weil diese nur eine Problemverlagerung bedeutet und keine wirkliche Lösung darstellt.
„Die E-Mobilität ist keine Antwort auf die Klimakrise und den Verkehrskollaps, wenn sie weiterhin die Idee des automobilen Individualverkehrs trägt.“, sagte eine*r der Aktivist*innen. Ein E-Auto verbraucht genausoviel Energie und Platz wie ein Verbrenner, macht ab 30 km/h genausoviel Lärm und sorgt durch Reifenabrieb auch für genausoviel giftige Feinstaubbelastung. Und auch ein E-Auto wiegt weiterhin 1,5 Tonnen und bleibt damit ein höchst ineffizientes Verkehrsmittel, da es im Schnitt nur eine Stunde am Tag fährt und dabei nur 1,3 Menschen transportiert.
„Politik und Auto-Branche haben sich auf E-Mobilität versteift, weil hierbei die grundlegenden Fragen der Mobilität nicht angetastet werden müssen. Eigentlich ist allen klar: Das Auto ist ein Fortbewegungsmittel des letzten Jahrtausends. Durch die rein technische Mikrokorrektur des Antriebs entsteht einfach nur ein weiterer grün-gewaschener Markt, mit dem Ziel die Profite der Auto-Konzerne zu sichern, auch wenn ihre Produkte schon lange nicht mehr zeitgemäß sind. Die wirklichen Probleme werden dabei nicht angegangen, obwohl die Alternative für einen klimagerechten Verkehr schon lange da ist – in Form von Bus und Bahn. Was fehlt, ist der Wille der Regierung, eine klimagerechte Verkehrswende voranzutreiben und dem motorisierten Individualverkehr den Riegel vorzuschieben.“, teilte eine*r der Aktivist*innen mit.
Stattdessen baut die Bundesregierung weiterhin fleißig Autobahnen, häufig sogar mit der grotesken Begründung, damit Wege und somit CO2 zu sparen. Der Bau von Autobahnen sorgt dabei aber nachweislich für mehr Straßenverkehr und verstärkt Probleme anstatt sie zu lösen. Noch dazu ist das Auto das gefährlichste Verkehrsmittel: Mit acht bis neun Toten und über tausend Verletzten täglich allein in Deutschland sind Straßen und Autobahnen wahre Todespisten. Doch die Autoindustrie wird für ihre umweltschädlichen Machenschaften auch noch belohnt. Mit bis zu 9000 Euro wird der Neukauf eines E-Autos gefördert. Hinzu kommt eine Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektroautos.
Für eine ökologisch und sozial gerechte Verkehrswende muss auf die Schiene gesetzt werden. Sie ist deutlich effizienter, ungefährlicher und frisst weniger Platz als das Auto. Der ÖPNV muss, vor allem im ländlichen Raum, ausgebaut werden und zu einem Nulltarif zugänglich sein, damit alle diesen nutzen können.
Die Abseilaktion steht auch in Solidarität mit dem 40jährigen Protest der Anwohner*innen im Isental gegen den Bau der A94. Gerade auf der zuletzt fertiggestellten Erweiterung der A94 zeigt sich sogar ein Rückschritt in Hinblick auf die dringend notwendige Verkehrswende. Seit Dezember 2020 sind die Fahrgastzahlen in den parallel zur Autobahn fahrenden Zügen nach München erheblich zurückgegangen. Pendler*innen stiegen vom Zug auf´s Auto um. Die Aktivist*innen hoffen daher, dass möglichst viele Pendler*innen, die unter dem Banner herfahren, die Botschaft lesen und zum Nachdenken angeregt werden.