Uns erreichte gestern, am 23., ein Brief von Ibi, den wir hier mit euch teilen wollen:
20.07.24
Guten Morgen!
Ja Solidarität lässt den Samstag Morgen zu einem guten werden. Ich hab gerade Äpfel und Marmelade geschenkt bekommen, es ist Wochenende und ich hatte schon gedacht, trockene Brötchen sind besser als trockenes Brot. Das einzige an Brotbelag von offizieller Seite war bisher ein bisschen Salami und das habe ich nicht über mich gebracht. Die Äpfel habe ich direkt mit einer anderen geteilt, daraufhin haben wir beide noch mehr von den anderen bekommen. Sie ist am gleichen Tag angekommen wie ich und ihr geht’s sehr schlecht.
Knast ist auch immer organisierte Mangelwirtschaft, ohne gegenseitige Solidarität würde hier einfach nix laufen.
Irgendwie eine Einführung habe ich auch nicht bekommen, aber gestern waren wir auch ca. 22 Stunden in den Zellen eingeschlossen und nur kurz für Frühstück, Mittag und Hofgang draußen.
Heute morgen sind die Türen erst mal auf, ich bin ein paar mal auf der Station (Anmerkung der Soligruppe: Die Gefangenen in Knästen sind , etwas vergleichbar mit Krankenhäusern, auf Stationen aufgeteilt) hin und her gelaufen für ein bisschen Bewegung, das ist auf 4 Metern schwierig. Mehr Einschluss (so heißt das wenn die Türen zu sind) als gewöhnlich gibt es weil die unterbesetzt sind.
Es freut mich, dass hier niemand arbeiten will, weil es natürlich ein untragbarer Job ist, andere einzusperren. Aber das heißt auch, dass sie es nicht schaffen, sich um die elementarsten Dinge zu kümmern (gerade sind sie direkt von der Station geflohen, um nicht angesprochen zu werden).
Unter anderem ist gestern mein Besuch in der sogenannten Kammer ausgefallen, also habe ich nur eine Garnitur Kleidung bekommen (und einen BH gar nicht).
Vielleicht brauche ich nicht so viel, aber eigentlich wollte ich nicht 7 Tage die gleiche Unterhose tragen. Ich habe also heute morgen einen Antrag auf Kleidung gestellt – mal schauen ob es was bringt. Derartiges ist hier aber eher an der Tagesordnung als ungewöhnlich. Aber Anträge werden vielleicht auch erst Montag wieder bearbeitet…
Update vom Abend: Mittlerweile habe ich etwas zum anziehen und den ersten Brief bekommen. Hatte heute auch Besuch von einer Journalistin für ein Interview, was nett war, obwohl ich dadurch viel vom Hofgang verpasst habe. Dann habe ich gepuzzelt und mich dabei unterhalten, aber das Puzzle durfte nicht im Gemeinschaftsraum liegen bleiben und beim Transport in meine Zelle ist viel wieder kaputt gegangen, ja Luxusproblem. Insgesamt aber echt okay für einen Knast-Tag, auch wenn mich einiges was Menschen mir erzählt haben, durchaus traurig gemacht hat – und wer sperrt eine 14 jährige hier mit ein? Das macht wütend, nicht nur mich.
Jetzt ist Einschluss, gerade hat sich der Schlüssel gedreht, immer ein unschönes Geräusch und die Tür ist bis zum morgen zu und es wird ruhig (und mir wird wieder bewusster, dass ich eingesperrt bin).
Vielleicht komme ich jetzt zu aufgeschobenen Gedanken – wie soll ich mit dem nächsten Verhandlungstag umgehen am 1.8.? Mich einschüchtern lassen, geschlagen geben? Oder Machtkampf mit so ungleichen Mitteln weiter führen? Welche Möglichkeiten gibt es, den Respekt, der erzwungen werden soll, doch nicht zu zeigen? Ich freue mich zu Gedanken dazu, da Post vermutlich zu lange dauert, gern auch per Mail an autobahn@nirgendwo.info
Danke für eure Solidarität,
IBI