Es folgen Pressemitteilungen zu unterschiedlichen Tagesordnungspunkten der Verkehrsminister*Innen Konferenz
Automarder über der A27 am Kreuz Bremen … die Aktion ist vorbei. Unsere abschließende Erklärung:
TOP 6.3 Sicherheit und Attraktivität des Fußverkehrs
Schluss mit Toten und Verletzten – Autoverkehr stoppen!
Bremen, 15.4.2021: Am Morgen besetzen Umweltaktivistis verschiedener Gruppen in und um Bremen Schilderbrücken und blockieren Straßen. Anlässlich der Verkehrsminister*innenkonferenz, die am 15. und 16. April unter Bremer Vorsitz stattfindet, machen sie auf die Umweltzerstörung und Klimafolgen durch den stetig zunehmenden (motorisierten Individual-)Verkehr und die Notwendigkeit einer sofortigen Verkehrswende aufmerksam.
„Automarder 27“ nennen sich die unabhängigen Kreativ-Aktivistis an einer Schilderbrücke über der A27 östlich vom Bremer Kreuz. Sie fordert eine radikale Verkehrswende und das schnelle Aus des motorisierten Individualverkehrs, welcher für die meisten Toten und Verletzten verantwortlich ist.
Die Aktionsgruppe erklärt:
Acht bis neun Tote pro Tag, dazu 1.053 Verletzte – das ist die Bilanz des Straßenverkehrs allein in Deutschland. Weltweit sind es 3.700 Tote, jeden Tag!
Vergleiche machen die ungeheure Zahl greifbar: Zwei bis dreimal geht die Titanic unter, stürzen sieben vollgestopfte Jumbojets 747 ab oder entgleisen 37 Züge mit so vielen Toten wie beim bisher schlimmsten Zugunglück in Deutschland (Eschede 1998). Dürften dann noch Flugzeuge starten oder Zug fahren? Die Autos dürfen – ihnen werden sogar noch neue Todespisten gebaut, der Kauf dieser Mordinstrumente wird vom Staat großzügig gefördert.
Alle 23 Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt ein Mensch durch einen Autounfall das – die Todesursache Nr. 1 für Kinder und junge Menschen zwischen 5 bis 29 Jahren. Die Verletzten zu zählen, geht da gar nicht mehr. 88.850 Fahrradfahrer*innen sind 2018 in Deutschland verunglückt. Wer dem blutigen Gemetzel auf den Straßen glücklich entkommt, kann lang noch nicht aufatmen. Im Gegenteil: Die Verbrennungsmotoren stoßen ständig Abgase aus – manche giftig, andere heizen die Atmosphäre auf. In der Produktion geschieht das bei allen Fahrzeugen, egal welchen Antriebs. Feinstaub, Verbündeter der Corona-Viren beim Angriff auf die Lungen, stammt vor allem vom Reifenabrieb – auch da nützt ein Wechsel des Motors nichts. Seriöse Schätzungen gehen von 13.000 Toten jährlich durch Luftverschmutzung aus, allein in Deutschland. In Europa sind es 400.000, weltweit 4,5 Millionen. Der Anteil des Verkehrs an der Luftbelastung steigt seit langem an. Wer das Drama überlebt, bekommt auf die Ohren. Bis in den letzten Winkel werden Natur und Wohngebiete vom Verkehrslärm überzogen. Ab 30 km/h übertönt der Lärm der Reifen den des Motors – auch hier nützt ein Antriebswechsel also wenig.
Doch die Politik kümmert sich. Damit kleine Kinder nicht platt gewalzt werden, zäunen sie Spielplätze und Kindergärten ein. 0,6 qm Spielplatzfläche gibt es pro Kind in Berlin. 12 qm groß ist hingegen jeder Parkplatz. Wie müssen wir unsere Autos lieben, dass wir ihnen das fast 15-fache an Platz einräumen und die Opfer (Kinder) einsperren, damit die Täter (Autos) frei ihr Unwesen treiben können. Und es werden mehr, jedes Jahr ein Prozent. Das nennt mensch exponentielles Wachstum. In Hessen kommen 5,9 Autos auf 10 Einwohner*innen – Babys und alle ohne Führerschein mitgerechnet.
1970 legten PKWs auf Bundesautobahnen 35 Mrd. Kilometer zurück. 2016 waren es schon 243,5 Mrd. Kilometer. Das 7-fache, Tendenz steigend. Das hat Folgen: Der CO2-Ausstoß im Straßenverkehr in Deutschland stieg von 1990 mit 163 Mio. Tonnen auf 166 Mio. Tonnen im Jahr 2017. Eigentlich wollte die Bundesregierung bis 2030 40% einsparen, bis 2017 war es aber sogar mehr geworden. Überraschend kommt das nicht. Zwar arbeiten Motoren immer effizienter, aber sie müssen immer mehr Gewicht auf stetig längeren Strecken bewegen. Im August 2019 waren SUV erstmals die am meisten verkaufte PKW-Klasse. Ihnen eiferten die anderen nach: Der VW-Golf nahm zwischen 1974 und 2020 um mehrere 100 kg zu, erhöhte seine PS-Zahl von 50 auf 115 und wurde zudem 50 cm länger. Hinzu kommt der Neubau von Straßen. Für die vor kurzem fertiggestellte A94 wurde die Wirkung untersucht. Das Ergebnis: Viele Menschen sind vom ÖPNV aufs Auto umgestiegen. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten! Verstärkt wird das durch den Abbau von Alternativen: Seit 1990 sind in Deutschland 6.467 Kilometer Bahnstrecken stillgelegt worden. Dabei ist das Auto völlig uneffizient. Per Straßenbahnen, Fahrrad oder zu Fuß lassen sich bei gleichem Platzbedarf viel mehr Menschen bewegen. Die brauchen zudem keine oder nur kleine Flächen für das Parken, keine oder viel weniger Antriebsenergie, verpesten die Luft nicht und fahren weitgehend geräuschlos. Zudem sparen sie Zeit. Zusammengerechnet fünf Tage verbringen Autofahrer*innen jährlich durchschnittlich im Stau. Hinzu kommen Parkplatzsuche und der Anteil an der Lohnarbeit, der zur Finanzierung des Autos nötig ist. Es ist an der Zeit, sich von einer Mobilitätsform zu verabschieden, die tötet und verletzt, Zeit und Geld klaut, Kinder in Käfige zwingt, riesige Flächen verschlingt, lärmt und stinkt.
TOP 1: Begrüßung – Abseilaktionen und Straßenblockaden in und um Bremen anlässlich der Verkehrsminister*innenkonferenz
Während der Zwei Tage, an denen unsere Verkehrsminister*innen tagen, passieren im deutschen Straßenverkehr durchschnittlich 14.000 Unfälle, in denen 16 Menschen sterben. Fünf Menschen werden wegen des Fahrens ohne Ticket zu Haftstrafen verurteilt. 71 Menschen sterben an den Folgen der Luftverschmutzung durch den Verkehr – allein in Deutschland.
Eine sozial- und umweltgerechte Verkehrswende geht uns alle etwas an. Egal, ob lange Wege zur Arbeit, die Zerstörung wertvoller Biotope und Erholungsgebiete zugunsten des Straßenbaus, Feinstaub- und Lärmbelastung, schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und daraus folgender schlechter Zugang zu sozialer und kultureller Teilhabe, eingeschränkte Mobilität durch hohe Kosten öffentlicher Verkehrsmittel oder die immer schneller heranrollende Klimakatastrophe – wir sind unmittelbar von einer rücksichtslosen, profitorientierten und nicht zukunftsfähigen Verkehrspolitik betroffen.
Zusätzlich tragen wir auch eine Verantwortung für menschliches und nicht-menschliches Leben außerhalb unseres Tellerrandes. Dass nicht nur das Fahren von Autos Treibhausgase in die Luft pustet, sondern dass ein beträchtlicher Teil der umweltschädlichen Auswirkungen der Autos in ihrer Herstellung liegt, wird oft vergessen. Für die Produktion von Autos werden Rohstoffe wie Eisen und Kupfer benötigt, vor allem die hochgepriesenen E-Autos brauchen für ihre Batterien Metalle wie Kobalt, Lithium und Nickel. Der Abbau dieser Rohstoffe geht mit gravierenden Menschenrechtsverletzungen einher. Autos, die aus Gründen der Gesundheit und des Umweltschutzes bei uns nicht mehr fahren dürfen, werden ins Ausland verkauft. Für den Abbau von Kalkgestein, welches für die Produktion vom im Straßenbau unerlässlichen Zement gebraucht wird, werden einzigartige Biotope zerstört, wie der bis vor kurzem besetzte Mormont Hügel in der Schweiz. Die Zementindustrie ist für 8% der weltweiten CO2 Produktion verantwortlich. Die Liste der Menschenrechtsverletzungen, Umwelt- und Klimaschäden ist unendlich lang und verursacht jeden Tag unglaubliches Leid.
- Hier findet ihr uns: 53.037311, 8.991233 (Schilderbrücke über der A27 südöstliche des Autobahnkreuz Bremen)
- Optimale Sicht auf die Aktion von der Feldwegautobrücke zwischen Uphusen und Oyten
- Und hier erreicht ihr uns direkt (Nachfragen, Kontakt, Interviews mit Menschen in der Aktion): 015739059898
- Email Unterstützungsbüro (erreichbar auch nach Verhaftungen usw.): kollektiv_autofrei@riseup.net
- Telefon vom Unterstützungsbüro: 015770984581
- Twitter: aktion_autofrei
Für Menschen, die Lust haben, weiterzustöbern und sich inspirieren zu lassen:
Die Polizei hat die A27 vor dem Bremer Kreuz gesperrt. Die Aktivistis dekorieren das Schild um..
Zur Verkehrsminister*innenkonferenz
Zu TOP 4.1: Auswirkungen der Corona-Pandemie
Der Verkehr auf den Straßen macht insgesamt 21% der weltweiten schädlichen Feinstaub-Emissionen aus. Im April 2020 wurden diese jedoch halbiert – zum Höhepunkt der Beschränkungen in der ersten Corona-Welle. Sogar der „Global Carbon Budget“-Bericht von 2020 ermittelte, dass im Vergleich zu 2019 global insgesamt 7% weniger Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt wurden. Auch wenn das zunächst einmal wie die Lösung der globalen Erderwärmungsproblematiken klingt, haben die coronbedingen Kontaktbeschränkungen, das geringere Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen Rückgänge an Emissionen leider keinen Effekt auf den langfristigen CO2-Anstieg in der Atmosphäre. Denn dafür wären dauerhafte und konsequente Einschränkungen und Alternativen zum Auto- und Individualverkehr nötig.
Nun aber einmal ganz von vorne: Emissionen, also Schadstoffe in der Luft, haben nicht nur viele Ursachen (beinahe alle davon sind durch den Menschen bedingt), sondern führen auch zu unterschiedlichen Arten von Belastungen. Hierbei muss deutlich gemacht werden: Kohlenstoffdioxide, Stickstoffoxide, Feinstaub und weitere Emissionen haben alle eine starke, wenn auch unterschiedliche Wirkung auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt und Atmosphäre. Praktisches Beispiel: Wenn 1.000 l Diesel weniger verbraucht werden, dann sinkt der CO2-Ausstoß ziemlich genau um 2.650 kg. Feinstaub dagegen entsteht vor allem durch den Menschen, nicht nur aufgrund „der bösen Dieselmotoren“. Hier kommt häufig Argumente wie: Ja, aber es gibt doch mittlerweile Feinstaubfilter! Nett gemeint. Diese verändern jedoch nichts an den weiteren Feinstaubquellen des Straßenverkehrs wie Autoreifen-, Bremsabrieb und Straßenbelag oder von Industrieanlagen mit Verbrennungsprozessen. Die Hauptquelle von Stickstoffoxid-Emissionen ist – oh Wunder – die Kraftstoffverbrennung im Straßenverkehr. Direkt an zweiter Stelle stehen Verfeuerungsanlagen für fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl, Erdgas, jedoch auch für Holz und Abfälle.
Anhand von Stickstoffmessungen in Norditalien haben Forscher*innen des Earth Observation Center (EOC) 2020 den Rückgang der Emissionen in Gebieten mit Ausgangsbeschränkungen den sogenannten „Corona-Effekt“ bestätigt. Hier kann nun der direkte Zusammenhang mit dem Risiko der Erkrankung mit dem SARS-CoV-2 hergestellt werden. Untersuchungen des Umweltbundesamtes haben gezeigt, dass durch Verbrennung entstehende Stickstoffoxide und der insbesondere im Straßenverkehr aufkommende Feinstaub Erkrankungen der Atemwege sowie Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems mit verursachen. In von schweren COVID-19-Infektionen besonders betroffenen Gebieten wurden dabei hohe Feinstaub- und NO2-Belas-tungen gemessen. Menschen in Gebieten mit hoher Luftschadstoffbelastung sind daher gefährdeter für eine Infektion mit SARS-CoV-2. Die Infektion zeigt bei solchen Patient:innen einen schwereren Verlauf als bei Menschen mit weniger vorgeschädigten Atemwegs- und Herz-Kreislaufsystemen.
Für unser aller Gesundheit heißt es daher: Autofreie Innenstädte, kostenloser ÖPNV und ein Ende der fossilen Energiegewinnung!
- Wir setzen uns für eine Verkehrswende ein, die die Lebensqualität aller verbessert.
- Wir fordern eine Vermeidung von Verkehr durch kurze Wege zu sozialen, kulturellen und ökonomischen Schauplätzen des Lebens.
- Wir fordern autofreie Städte, die Rad Fahren und zu Fuß gehen angenehmer machen.
- Wir fordern eine Verlagerung des Verkehrs auf umweltschonende Fortbewegungsmittel und damit einhergehend einen Ausbau der Fahrradinfrastruktur in Städten (Fahrradstraßen, Leihräder, etc.)
- Wir fordern den Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs.
- Wir fordern einen sofortigen Baustopp für Straßen, weil zusätzliche Straßen auch zusätzlichen Verkehr bedeuten.
Was ist dabei zu erwarten von einer Politik, die seit 1990 6.447 km Bahnschienen stillgelegt hat und plant, in den nächsten Jahren 850 km Autobahn zu bauen, von Politiker*innen, die nach ihrer Amtszeit – oh Wunder – hochbezahlte Jobs in der Autoindustrie annehmen, von grünen Landesregierungen, die heute noch Wälder für Autobahnen roden lassen?
– Nichts!
Wir lassen uns von keinen Verkehrsminister*innen mehr unsere Zukunft versauen.
Stattdessen nehmen wir die Verkehrswende selbst in die Hand und wollen euch ermutigen, das auch zu tun!
Wir wollen die Problematik auf die Straße tragen und sie sichtbar machen. Sicherlich sind auch Latsch-Demonstrationen eine Möglichkeit dafür. Wir haben uns für diese Art der Aktion entschieden, weil wir die Normalität stören wollen. Wir wollen irritieren und aufwecken und nicht ignoriert werden können. Es geht dabei nicht um Krawall, sondern um kreativen Widerstand. Es geht uns nicht darum, Autofahrer*innen zu shamen oder zu verärgern, sondern ein Bewusstsein der Auswirkungen von Autoverkehr in der breiten Bevölkerung zu schaffen – und für die eigene Abhängigkeit davon, weil es keine guten Alternativen gibt.
Darin liegt ein weiteres mögliches Aktionsfeld für Menschen, die aktiv werden wollen: Alternativen erdenken und sie umsetzen. Ihr könnt eine Bürger*inneninitiative gründen und einen Verkehrswendeplan für die Stadt entwerfen, in der ihr wohnt. Konkrete Vorschläge können sehr überzeugend sein. Welche Straßen könnten gute Fahrradstraßen werden? Macht eure Ideen sichtbar, indem ihr dort eine Fahrraddemo organisiert (das geht auch auf Autobahnen). Eine weitere Möglichkeit ist, ohne Ticket Bahn zu fahren und politische Gerichtsprozesse zu führen.
Direkte Aktionen, (Wald-)Besetzungen, kreativer Widerstand auf der Straße, in den Medien, im Gericht. Aktives sich & andere Informieren. Alternativen entwerfen, kommunizieren und umsetzen. Bleibt dabei radikal in euren Forderungen und lasst euch nicht belabern. Es gibt viele Möglichkeiten, sich für eine gerechte Verkehrswende einzusetzen. Findet eure Stärken heraus, informiert euch und nehmt Kontakt zu anderen Verkehrswendeinitiativen auf, wenn ihr Inspiration oder Hilfe bei der Umsetzung braucht.
Zu TOP 4.5: Innovationsprogramm Logistik 2030
4, 7 Billionen Tonnen Was-auch-immer wurden im letzten Jahr laut statistischem Bundesamt quer durch die Republik transportiert, insgesamt 697.942.000.000 km weit. Würde die Fracht aufgeteilt auf alle in Deutschland lebenden Menschen, die das mit ihrem Lastenrad transportieren müssten, wären das 60 Tonnen pro Person. Das sind jeden Tag 160 kg 400m weit. Und der Trend ist weiterhin positiv, zahlenmäßig. Seit 2000 stieg so die Güterwarenmenge um 15 %, die der Wege sogar um 35 %. Dieser Güterverkehr sollte auf die Schiene verlagert werden. Das ist klar. Mit 19 % ist der Anteil des Bahnverkehrs am Gesamtgüterverkehrsaufkommen jedoch momentan sehr gering. Unverständlich, wenn mensch bedenkt, dass der Transport auf der Schiene nur ein Fünftel des Energieeinsatzes auf der Straße erfordert. Doch aufgrund jahrelanger Vernachlässigung der Schieneninfrastruktur ist für die Wirtschaft der Straßenverkehr das Mittel der Wahl. Seit 1994 haben sich die privaten (meist gewerblichen) Schienenverkehrsanschlüsse von 12.000 auf 2.500 reduziert. Ein erneuter Schienenanschluss kostet durch weniger staatliche Zuschüsse das Unternehmen mehr Geld als ein Straßenanschluss. Und während es im Straßennetz für LKW mautfreie Strecken gibt (alle Nicht-Bundesfernstraßen) fällt für den Schienenverkehr auf jeder Strecke Maut an. Doch auch durch das individuellere Marktverhalten setzen Unternehmen weiterhin auf den Straßenverkehr. Wenn im Supermarkt der Joghurt alle ist, wird zum nächsten Tag genau ein Paket bestellt. So ungefähr schaut es im gesamten Gewerbe aus. Der größte Fokus liegt auf der individuellen Verfügbarkeit der Produkte, wodurch zum einen der Beschaffungsraum vergrößert wird, zum anderen immer mehr Güter in immer kleineren Mengen transportiert werden. In der Regel im LKW, da bisher nur dieses Transportmittel die individuelle Logistik ermöglicht. In den letzten vier Jahren hat der Bestand an LKW um 17 % zugenommen. Die Straßen werden zunehmend zu einem Förderband gemacht. Die einzelnen Unternehmen können dabei auf eigene Lagerräume verzichten, sie bestellen ja nur bei Bedarf. Diese notwendige Lagerfläche wird auf die Straßen outgesourced und öffentliches Gut wird somit mal wieder als Basis für privates Wirtschaften genutzt. Gleichzeitig werden die Produkte aufgrund der Wirtschaftlichkeit immer weiter transportiert. Krabben aus der Nordsee werden in Marokko gepuhlt, wo Arbeitskräfte weniger kosten. Erdbeeren für schwäbischen Erdbeerjoghurt werden in Polen angebaut und bis nach Baden-Württemberg transportiert. Solange Umweltfolgekosten im Transportwesen keine Rolle spielen, wird das auch weiterhin so bleiben. Am Transportwesen zeigt sich mal wieder, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise über Leichen geht. Solange der Preis die Wahl der Mittel bestimmt, und nicht etwa die Sinnhaftigkeit, wird das zerstörerische Verhalten des Marktes auch im Transportwesen weiter gehen.Davon betroffen sind unter anderem jene Menschen, die in der Nähe von Bundesfernstraßen wohnen oder aber in ländlichen Gegenden, die von einem weiteren Logisitikzentrum erschlagen werden. Die momentan propagierten Ideen (wie „Die letzte Meile auf dem Rad“) zielen vor allem darauf ab, in Städten ein modernes Verkehrskonzept zu etablieren, fernab davon soll sich nichts ändern.
Zu einer radikalen Verkehrswende gehört vor allem im Transportsektor auch eine drastische Reduzierung der Gütermenge und der Güterleistung. Notwendige Güter gehören auf die Schiene und Transportwege müssen verkürzt werden.
Die ersten Automarder (Aktion über A27 am Bremer Kreuz) sind geräumt … die Feuerwehr macht der Klimakrise den Weg frei. Dabei sind hier keine Menschen in Gefahr. Leute in Rot: Wir mögen Euch – aber lasst Euch nicht missbrauchen! Ihr habt Wichtigeres zu tun als den Autoverkehr zu ermöglichen, wegen dem Ihr auch heute 1053 Verletzte und 8-9 Tote bergen müsst.
Zur Verkehrsminister*innenkonferenz
Zu TOP 4.4 Lärmschutz
Straßenverkehr ist die dominierende Lärmquelle in Auto-Deutschland. 75% der Bevölkerung fühlt sich durch Straßenlärm gestört oder belästigt (Quelle: Umweltbundesamt).
Straßenverkehr stört und belästigt jedoch nicht nur, sondern macht auch krank: Hörschäden, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen.
Mehr als 2,3 Millionen Menschen sind hierzulande ganztägig Geräuschpegeln von mehr als 65dB(A) ausgesetzt, ein Pegel, der bei längerer Einwirkung auf den menschlichen Organismus das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon um 20% erhöht – von nicht-menschlichen Lebewesen ganz zu schweigen.
Lärmbelastung sorgt auch für soziale Probleme: Der Lärmpegel in Wohngebieten beeinflusst Mietpreise. Das hat zur Folge, dass finanziell schlechter gestellte Menschen sich zunehmend in lauten Wohngebieten konzentrieren.
Weniger Lärm durch leisere Autos? Elektroautos, nicht nur als angeblich umweltfreundlichere, sondern auch leisere Alternative vom Verbrenner angepriesen, sind tatsächlich nicht bzw. nur bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten leiser. Ab einer Geschwindigkeit von 30km/h hat die Antriebsart der Fahrzeuge keinen Einfluss mehr auf den Lärmpegel: relevant werden dann hier Reifen-Fahrbahn-Geräusche sowie Luftwiderstand. Das sind Werte, die sich in dem Trend zu immer größeren und schwereren Autos (Elektroautos sind im durchschnittlich schwerer als Verbrenner), vergrößern.
Riesige Lärmquelle sind auch LKWs: viel Reibung, hoher Luftwiderstand, größere Reifen (größere Schall-Resonanzkörper). In den vergangenen Jahrzehnten ist der Transport von Gütern auf der Bahn zurückgegangen, der Verkehr von LKWs dagegen stark gestiegen – dadurch auch die Lärmbelastung, besonders entlang Fernstraßen.
Deshalb:
- Verkehr vermeiden
- Verlagerung von Verkehr auf lärmärmere Verkehrsmittel (Fahrrad, Fuß)
- Gütertransportflüsse reduzieren und auf die Schiene schicken
- Sofortmaßnahme – Tempolimits: Verkehrslärm steigt exponentiell mit der Geschwindigkeit
- Ausbau des ÖPNV und Anreizschaffung zu dessen Nutzung
Aktion Automarder über A27 … Feuerwehr entfernt gerade die Überkleber auf den Schilder.
Zu TOP 4.3 Mobilität und Klimaschutz
Umstieg auf Elektroantrieb verhindert die Verkehrswende!
Die Aktionsgruppen spricht sich gegen die Umrüstung des motorisierten Individualverkehrs auf Elektroantrieb aus, da diese keine der bestehenden Verkehrsprobleme löse.
Die Aktionsgruppe erklärt:
Die Debatte um eine Verkehrswende ist technisch, oft (deshalb?) sehr männlich dominiert. Es geht um Antriebe und Grenzwerte. Der Flächenverbrauch von Autos wird eher mit dem von anderen Verkehrsmitteln verglichen, aber selten mit dem, was die Menschen in der Hauptzeit ihres Lebens brauchen. Es wird als normal hingenommen, das riesige Flächen allein dem Verkehr, vor allem dem Autoverkehr gewidmet sind, während die meisten Menschen sowie erst recht Tiere und Pflanzen auf kleine Refugien begrenzt werden. Mobilität scheint eine Ingenieurswissenschaft zu sein, keine soziale Frage, wo es um eine sehr grundlegende Gestaltung unseres Lebens geht. Vermutlich basiert auf diesem Holzweg der Verkehrsdebatte die große Sympathie für elektrisch angetriebene Autos. Sie ist zu finden bei einer Reihe von umwelt- und verkehrspolitischen Organisationen, aber auch zum Beispiel bei den Grünen, deren amtierende Minister wie in Hessen sogar Millionen an Steuergeldern aufwenden, um per Erforschung des E-Antriebs für LKWs selbst diese Verirrung, immer mehr und immer weitere Warenflüsse zu auf die Straße zu bringen, noch greenwashen zu wollen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter wird dabei sogar zum Auto-Macho: „Ein Elektroauto zu fahren macht deutlich mehr Spaß als Benziner oder Dieselfahrzeuge – weil Sie zum Beispiel blitzschnell an der Ampel starten können, da lassen Sie jeden Maserati stehen.“ Seine Parteistiftung ergänzt: „Die Integration des Autos als Verkehrsdienstleistung braucht auch und vor allem öffentliche Stellflächen und öffentlich zugängliche Ladeinfrastrukturen. Zentraler Baustein eines solches Plans wäre ein Marktanreizprogramm für Elektromobilität zum Ausgleich der technikbedingten Mehrkosten in der Markteinführungsphase. Als Vorbild kann hier das 100.000-Dächer-Programm bzw. das Erneuerbare-Energien-Gesetz dienen …“ Das wäre ein ambitionierter Plan und die Aussicht auf riesige Absatzmärkte für Automobilkonzerne und Zulieferer – und ein Horror für die Menschen, die weiter den Verkehr oder zusätzlichen, großflächigen Rohstoffabbau ertragen müssen.
Wer jedoch alle Effekte von PKWs und LKWs anschaut, merkt sofort, dass eine reine Antriebswende nur einen Aspekt verändert und selbst da eine zweifelhafte Bilanz aufweist.
- Eines der größten Probleme des LKW- und PKW-Verkehrs ist der enorme Flächenbedarf zum Fahren und zum Abstellen der fahrbaren Untersätze. E-Autos brauchen genauso viel Platz (Straßen, Parkplätze usw.) wie die bisherigen Autos, zum Teil (weil größer und schwerer mit den ganzen Akkus) sogar etwas mehr. Unabhängig vom Antrieb benötigt der Pkw-Verkehr rund vier Mal mehr Fläche als ein Verkehrssystem, das auf Fußwegen, Radfahren und öffentlichen Verkehrsmitteln beruht. Diese Flächenkonkurrenz zu Mensch und Natur bliebe bei einer Umstellung auf Elektromotoren in vollem Umfang erhalten.
- Die Erzählung vom emissionsfreien Fahren per E-Motor ist ein Märchen. Die Feinstaubbelastung in der Luft stammt vom Reifenabrieb, der bei E-Autos wegen ihrem hohen Gewicht eher höher sein dürfte. Zudem fahren sie mit Strom, der irgendwo und irgendwie produziert und verteilt werden muss. Weiter verschlechtert wird die Bilanz dadurch, dass ein E-Motor nicht genug Abwärme für die Heizung abgibt. Wärmeproduktion verbraucht viel Strom, die in den Modellrechnungen oft verschwiegen wird.
- Nicht einmal beim Lärm werden wesentliche Vorteile eintreten, denn ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h übertönt der Reifenlärm den des Motors, so dass E-Autos nur bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten Vorteile bieten. Möglicherweise wird das aber nicht einmal das so sein, da wegen der sonst steigenden Unfallgefahr künstliches Motorengeräusch abgestrahlt werden muss.
- Ohnehin: Die Toten und Verletzten haben auch nichts von einem Antriebswechsel. Es bliebe beim hohen Blutzoll von aktuell weltweit einer Million Straßenverkehrstoten pro Jahr. In Europa sind es rund 45.000 jährlich. In Deutschland sterben pro Tag acht bis neun Menschen, 1053 werden durchschnittlich verletzt, die Blechschäden gar nicht benannt. All das geht solange weiter, wie PKWs und LKWs auf den Straßen unterwegs sind.
- Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur verschlingt riesige Geldsummen, wird flächendeckend Baustellen in Stadt und Land schaffen. Mit dieser Power wäre der Umbau auf Straßenbahnen im Stadtbereich, die Reaktivierung von Bahnlinien mit Zubringerlinien per Bus und vielen Fahrradstraßen leichter zu bewältigen. Die Umstellung auf E-Autos wird die Verkehrswende nicht unterstützen, sondern auffressen.
- E-Autos verbrauchen noch mehr Rohstoffe beim Bau und erfordern vor allem für die Akkus viele spezielle Stoffe (z.B. Lithium), für die in Erwartung der E-Auto-Kaufflut bereits ein imperialer Kampf um Abbaugebiete läuft. Zudem wird die Knappheit der Akku-Rohstoffe zu einem weltweiten Gefälle der Automobilität führen, da nur die reichen Industrienationen die Lithium-Vorräte ausbeuten und aufkaufen können.
- Bislang ist es statistisch eindeutig: Jeder Ausbau der Verkehrsinfrastruktur erhöht das Verkehrsaufkommen. Das wird auch für die E-Autos gelten. Die Gesamtzahl der Autos und der gefahrenen Kilometer würde durch ein großangelegtes Förder- und Ausbauprogramm steigen. Begünstigungen wie die Mitbenutzung von Busspuren, kostenloses Parken, Einfahrt in sonst für Autos gesperrte Zonen und kostenloser Strom verstärken den Trend zu noch mehr Fahren.
- Hinzu kommt der in vielen Bereichen immer wieder auftretende Reboundeffekt. Er bedeutet, dass eine Verbesserung an einer Stelle zu Verhaltensänderungen an deren Stellen führt, die positive Effekte teilweise oder ganz aufheben. Für die Nutzer*innen von E-Autos ist bereits nachgewiesen, dass sie dieses häufiger nutzen und damit vor allem ÖPNV-Fahrten, aber auch manch Fahrradtour ersetzen. Das suggerierte gute Gewissen führt offenbar zu einer hemmungsloseren Nutzung des fahrbaren Untersatzes. Elektro-Pkw sind dann, wenn sie von Individuen gekauft werden, fast immer Zweit- oder Drittwagen.
- Sehr ähnlich wirkt die erlaubte Gegenrechnung: Für jedes E-Autos dürfen Autobauer an der anderen Seite auch Verbrenner verkaufen. Reine E-Auto-Konzerne wie Tesla finanzieren sich zum Teil aus dem Verkauf dieser Rechte an andere Autokonzerne, die dann mit diesen Rechten wiederum Verbrenner verkaufen. Rechnerisch fährt damit in jedem E-Auto ein Verbrennungsmotor mit.
Somit bliebe als einziger Nutzen eine mögliche Verringerung von Umweltfolgen der eingesetzten Antriebsenergie. Doch selbst das ist mehr als zweifelhaft. Prof. Hans Peter Lenz hält die Erwartungen an Elektromobilität für übertrieben. „Sie bringt in den nächsten Jahrzehnten nichts für die Umwelt, kostet Konsumenten viel Geld und ist dem Verbrennungsmotor in allen Punkten unterlegen“. Der Initiator des Wiener Motorensymposiums und Vorsitzende des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik ist mit dieser Kritik nicht allein. …
Elektrofahrzeuge im Nachteil. Zwar nutzten deren Antriebe 90 % der Energie zum Fahren. Doch Nebenverbraucher und Klimatisierung ruinieren die Bilanz. Mangels Abwärme muss geheizt werden. Der Verbrauch steige dann nach seinen Berechnungen auf 31 kWh/100 km. Zudem kämen in der Vorkette aufgrund von Kraftwerkswirkungsgraden um 50 % und 10 % Leitungsverluste nur 40 % in den Batterien an. Well-to-Wheel summierten sich die Verluste dabei auf 77,5 % (Quelle: www.ingenieur.de)
Ohnehin wäre ein Vorteil nur möglich, wenn die E-Autos mit regenerativer Energie gespeist werden. Das würde aber bei vollständiger Umstellung die Gesamtmenge an Ökostrom auffressen, die heute produziert wird. Für alles andere bliebe nur der dreckige Strom übrig – oder anders ausgedrückt: Der Ökostrom für die E-Autos ist eine Fiktion. Tatsächlich würde die dadurch herbeigeführte gewaltige Steigerung des Strombedarfs den Weiterbetrieb fossiler Kraftwerke oder einen massiven Ausbau von Wind- und PV-Anlagen nach sich ziehen, der mangels geeigneter Flächen und Stromtrassen immer stärker in Konflikt mit Wohngebieten und Naturschutzbelangen käme.